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Montag, 27. Oktober 2014

Erinnerungen an analogem arbeiten als News-Fotograf

Erinnerungen an analogem arbeiten als News-Fotograf

Bei meinen Vorbereitungs- und Recherche-Arbeiten für meine vier aktuell kommenden paralellen Fotoausstellungen „WENDEZEIT“
anl. des 25. Jahrestages des Mauerfalls tauchte immer wieder neben dem Namen Leica ein Name auf, der mich ebenfalls schon mein ganzes Berufsleben seit 1975 begleitet hat:

ILFORD, genau wie meine Kameramarke Leica ein Begriff, der für mich in meiner fotografischen Laufbahn immer präsent war, ob als Film oder als Papier, als normales Papier oder später als Multigrade.
Zwei Markennamen die mich immer begleitet und sicherlich auch meinen persönlichen Stil seit Mitte der 1970er Jahre geprägt haben.
Ich bin in der Zeit wirklich nicht pfleglich mit dem Material umgegangen, da mussten Filme wie der 400er Ilford HP5 auf 1600 ISO gepuscht werden,
manchmal auf 3200 ISO, mit fast 30 Grad warmen Entwickler in irgendwelchen zur Verfügung stehenden Kellern oder dunklen Räumen entwickelt werden,
Aktualität war alles in der schnellen Presse-Agentur-Zeit z.B. für Associated Press.
Ich erinnere mich, das ich mich selbst mal geprüft habe, 7 !!! (in Worten: sieben) Minuten, vom belichteten Negativ bis zum nassen Print auf dem transportablen
analogen Bildfunkgerät, das ich, wenn es möglich war und ich irgendwo eine Telefonbuchse gefunden habe, mit Krokodilklemmen an eine analoge Telefonleitung geklemmt habe.
Zu der Zeit war ich wie z.B. bei der Großdemo 1981 gegen das AKW Brokdorf mit zwei Koffern unterwegs, im einen das transportable Labor,
ein kleiner Durst Vergrößerer mit toller Schneider Optik und diversen Flaschen für Entwickler, Fixier- und Stoppbad, sowie diverse Kleinteile, Zangen,
Klammern, Schere und Filmabstreifer, in der anderen Kiste das transportable Hell Bildfunkgerät TS 1086.
So ausgerüstet konnte ich das bekannte „Brokdorf-Foto“ aus dem Keller eines Bauerhofes, deren Anwohner die Gegend wegen der Demo verlassen hatten,
aktuell auf den Bildtisch zur AP nach Frankfurt senden. Dort wurde es aufbereitet und dann international in alle Welt verschickt: belichtet auf Ilford Film und Papier.


So ging Bildübertragung damals, ohne Iphone, Ipad oder Labtop
Zunächst wurde das Gerät ans Netz und an eine analoge Telefonleitung geklemmt, bevor man das Foto auf die Bildrolle aufspannte.
Die ausnutzbare Bild­fläche hat ein Format von 355 mm x 200 mm, bzw. 355 mm x 260 mm.
Beim Abtasten des Fotos wurde ein Lichtpunkt auf die Bildoberfläche des auf der Walze rotierenden Fotos projiziert.
Das von dieser Oberfläche reflektierte Licht gelangte über das Objektiv zum Fotoelement. Hier wurde aus dem optischen ein entsprechendes elektrisches Signal gewonnen und anschließend verstärkt. Weiße Bildteile reflektieren bekanntlich sehr viel Licht, schwarze sehr wenig.
Alle Halbtöne im Bild reflektieren darum je nach hellerem oder dunklerem Grauwert mal mehr, mal weniger Licht.
Das Fotoelement im Abtastsystem des Senders gab dabei ein Signal ab, das dem abgetasteten reflektierten Licht vollkommen entsprach.
Auf der Empfangsseite entstand aus dem elektrischen Signal ein Telebild, ein Faksimile des Originalfotos.
Durch den kontinuierlichen Vorschub des Abtastsystems bedingt, wurde das auf der rotierenden Walze befindliche Foto schraubenlinienförmig bis zum Bildende abgetastet.

 
Dadurch, das bereits die Filme und danach auch das Papier im Entwicklungsprozess fast „gekocht“ wurden, gab es natürlich einen starken Aufriss des Filmkorns und des Gesamtkontrastes. 
Aber das war zu der Zeit für die aktuellen Tageszeitungs- und Magazin-Produktionen ziemlich egal.

Hauptsache schnell musste die Bildvorlage in den Redaktionen sein. 

Und mein Lieblingsfilm kristallisierte sich dabei sehr schnell heraus: zunächst noch für kurze Zeit der HP4 dann ab 1976 der Ilford HP5. Er verzieh manch Unachtsamkeit in der Belichtung und Entwicklung.
Genutzt habe ich konfektionierte Ware als auch Rollenware.
Ebenso wie das Papier: Ilfospeed.
Und damit natürlich auch der legendäre ILFORD ILFOSPEED 4250 TROCKNER.









Diese damalige Arbeitsweise, grobes Korn, harte Kontraste,  sollte mir fast 35 Jahre später noch größeres Kopfzerbrechen bereiten.

Denn als ich vor ein paar Jahren begann , die besten Fotos aus meiner News-Zeit für Ausstellungen vorzubereiten, kaufte ich modernes Papier, Entwickler und mietete mich in einem Labor eines befreundeten Kollegen ein.
Nach den ersten 20 Prints gab ich ernüchternd auf: Das waren nicht „meine“ Bilder,
die ich da von den alten Negativen vergrößerte: Alle Graustufen und feinste Abstufungen dieser Welt hatte ich in den Prints, ich erkannte meine Bilder nicht wieder......das war nicht „ICH“!, nicht meine Bilder !

Da kam mir eine Idee....hatte ich doch in eine Kiste, fast alle von mir jemals gefunkten Fotoabzüge verwahrt, die ich dann auf einem High res Trommelscanner professionell einscannte. 

Davon wurden dann auf bestem Ilford Gold Mono Silk
Papier Fotos und Großdrucke von 30x45cm bis 50x70cm geprintet, die genau meine damaligen Intuitionen widerspiegelten:
Es wird damals Gründe gegeben haben, warum ich welchen Bereich aufgehellt oder abgedunkelt habe, welchen Ausschnitt ich genommen habe, alles bildwichtige Punkte, an die ich mich heute nicht mehr erinnere, die aber „meine“ Bilder, so wie ich sie in Erinnerung habe, ausmachten.

Es ist schon selten, wenn man 39 Jahre seines Berufslebens mit zwei großen Traditionsmarken treu und verläßlich bis heute verbunden ist: 
Ilford und Leica.
 
Im Oktober 2014
Herbert Piel